Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Jänner 2025
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Streitiges Recht
3 Ob 67/24k – Trotz Vordatierung des Mietvertragsbeginns (vor Vertragsabschluss) Wirksamkeit der Befristungsvereinbarung
Die klagende Gemeinde ist Eigentümerin eines Wohnobjekts, mit einer darin gelegenen Sozialwohnung. Die Streitteile schlossen immer wieder fortlaufend befristete Mietverträge. Zuletzt wurde mit schriftlichem Nachtrag vom 22. 3. 2017 das Mietverhältnis einvernehmlich um weitere drei Jahre bis 31. 1. 2020 verlängert. Mit schriftlichem Nachtrag vom 3. 4. 2020 vereinbarten die Streitteile diese Verlängerung des Mietverhältnisses um weitere drei Jahre bis 31. 1. 2023.
Eine neuerliche Verlängerung des Mietverhältnisses wurde sodann abgelehnt.
Gemäß § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG wird der Mietvertrag durch Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer aufgelöst, allerdings nur, wenn bei Wohnungen die ursprünglich vereinbarte Vertragsdauer oder die Verlängerung der Vertragsdauer (§ 29 Abs 4 MRG) jeweils mindestens drei Jahre beträgt. Nach § 29 Abs 4 MRG können Mietverträge, die nach § 29 Abs 1 Z 3 MRG befristet sind, schriftlich beliebig oft um jede – bei Wohnungen jedoch drei Jahre jeweils nicht unterschreitende – Vertragsdauer erneuert werden. Wird die Mindestdauer im ersten Vertrag oder in der Verlängerung unterschritten, so ist die Befristung nicht durchsetzbar und es liegt ein unbefristeter Mietvertrag vor (7 Ob 201/17k). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Befristung durchsetzbar, wenn der Vertrag schriftlich errichtet wurde und wenn von vornherein durch Datum oder Fristablauf der Endtermin bestimmt ist (RS0090569). Der Mieter muss sich von vornherein auf eine bestimmte Mietdauer einstellen können. Dies ist der Fall, wenn entweder der Endtermin datumsmäßig angegeben oder wenn er durch die Angabe des Anfangszeitpunkts und der Mietdauer eindeutig festgelegt ist (RS0070201). Der bestimmte Endtermin muss aus der Urkunde selbst hervorgehen (7 Ob 201/17k; 5 Ob 211/22y). Es ist außerdem zulässig, ein bisheriges (befristetes) Mietverhältnis (einvernehmlich) aufzulösen und daran ein weiteres befristetes Mietverhältnis anzuknüpfen (vgl 7 Ob 201/17k; 5 Ob 65/23d). Auch an die stillschweigende Verlängerung kann sich eine neue ausdrückliche (schriftliche) Verlängerung anschließen, die bei Wohnungen aber mindestens drei Jahre betragen muss (vgl Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 MRG § 29 Rz 20). Für all diese Befristungen gelten die zuvor beschriebenen Anforderungen (bestimmter Endtermin, Schriftformerfordernis und bei Wohnungsmietverträgen die Mindestdauer von drei Jahren).
Die Mindestvertragsdauer muss nicht unbedingt ab Unterzeichnung des Vertrags bestehen. Im Ergebnis ist ein auf ein Datum (nur) vor der Vertragserklärung des Vermieters „rückdatierter“ Befristungsbeginn zumindest dann unschädlich, wenn – wie hier – die auf die von ihm gewünschte Befristung abzielende Vertragserklärung des Mieters noch vor Fristbeginn erfolgt, der Mieter dabei nicht unter Druck steht und die Nutzung des Bestandobjekts während des gesamten Befristungszeitraums gesichert ist.
Die in den Nachträgen vom 22. 3. 2017 und 3. 4. 2020 enthaltenen Befristungen waren somit wirksam. Das (zuletzt verlängerte) befristete Mietverhältnis hat damit am 31. 1. 2023 geendet. Da dieses in der Folge von der Klägerin nicht mehr verlängert wurde, benützt die Beklagte die Wohnung seither titellos, weshalb die Räumungsklage berechtigt war.
4 Ob 44/24k – Umdeutung in ein Wohnungsfruchtgenussrecht, wenn bereits im Kaufvertrag ein von der Neuparifizierung unabhängiges Nutzungsrecht eingeräumt wurde und die Einverleibung des Eigentums in der Folge nur an der unerwartet nicht erteilten Zustimmung Dritter scheitert
An der verfahrensgegenständlichen Wohnung Top W 34 (alt) wurde Wohnungseigentum begründet, der Ersterwerber wurde dadurch Wohnungseigentümer. In Abänderung der ursprünglichen Pläne teilte der Ersterwerber die Top W 34 (alt) jedoch in zwei baulich getrennte Wohnungen mit gesonderten Eingängen, nämlich Top W 34 (neu) mit ca 35 m² (zzgl ca 7,5 m² Terrasse) und Top W 35 mit ca 66 m² (zzgl 10,35 m² Terrasse).
Im Jahr 1996 verkaufte der Ersterwerber sodann „jene im noch einzuleitenden Nachtragsparifizierungsverfahren zu ermittelnden Anteile an der gegenständlichen Liegenschaft, auf die sich in natura die Wohnung Top 34 (neu) im Ausmaß von 35 m², bestehend aus Wohnraum und Nebenräumen (zuzüglich einer Terrasse von ca. 7,5 m²) bezieht“, an A*.
Nachdem über das Vermögen des Ersterwerbers der Konkurs eröffnet worden war, verkaufte sodann der Masseverwalter mit (gerichtlich genehmigtem) Kaufvertrag vom 16. 9. 1997 an den Beklagten „jene Liegenschaftsanteile, die erforderlich sein werden, um Wohnungseigentum an der von dem Verkäufer errichteten, im angeschlossenen Plan Beilage ./1 schwarz schraffierten Wohnung W 35 im Ausmaß von ca 66,83 m² samt im angeschlossenen Plan Beilage ./2 schwarz schraffierten Terrasse im Ausmaß von ca. 10,35 m² zu begründen“.
In der Folge wurden die Planänderungen baubehördlich bewilligt und die Nutzwerte neu festgesetzt, jedoch nicht im Grundbuch einverleibt. Der Abschluss eines neuen Wohnungseigentumsvertrags scheiterte damals an der Zustimmung eines dritten Wohnungseigentümers.
Die Wohnung W 35 wurde dem Beklagten noch im Jahr 1996 übergeben und von ihm 1997 zu Wohnzwecken bezogen. Seit dem Jahr 2005 vermietet er diese. Er überweist monatlich Betriebskosten, spätestens seit dem Jahr 2010 werden diese aber von der Hausverwaltung an ihn rücküberwiesen. Bis dato wurde weder ein Wohnungseigentumsvertrag unterzeichnet, der ein Wohnungseigentumsobjekt W 35 vorsieht, noch der Beklagte im Grundbuch einverleibt [als Eigentümer oder sonst Berechtigter].
Top W 34 wurde von A* im Jahr 2004 an Ing. W* weiterveräußert, und zwar als W 34 (neu) ausdrücklich im Ausmaß von ca 35 m² bzw der neu ermittelten 30/979stel Anteile. Mangels wirksamer Nutzwertänderung waren dessen ungeachtet aber beide im Grundbuch als Eigentümer von Top W 34 (alt) im Ausmaß von 121/960stel-Anteilen einverleibt.
Der Kläger kaufte den Anteil von Ing. W*, sohin 121/960stel-Anteile bzw ca 100 m² (Top W 34 [alt]) laut Grundbuch bzw realiter Top W 34 (neu) mit 30/979stel-Anteile bzw ca 35 m², um 48.500 EUR.
Der Kaufvertrag für die Top 34 beinhaltet weder einen Plan der Wohnung noch eine nähere Beschreibung oder Spezifikation von Top W 34. Nach den Feststellungen war dem Kläger damals aber bekannt, dass der Grundbuchstand von den tatsächlichen baulichen Verhältnissen im Dachgeschoss abwich. Ihm war auch bekannt, dass die Wohnung W 34 (alt) nicht wie ursprünglich geplant ausgeführt wurde, sondern baulich als zwei getrennte Einheiten mit zwei getrennten Eingängen, nämlich W 34 (neu) und W 35 (neu), errichtet worden war. Er nahm keine nach Außen wahrnehmbaren Nachforschungen betreffend die Wohnung W 34 (alt) vor. Insbesondere verzichtete er auf eine Besichtigung der Wohnungen W 34 (neu) und W 35 (neu) vor Unterfertigung des Kaufvertrags.
Der Kläger (Top W34) begehrte (sinngemäß) festzustellen, dass dem Beklagten (Top W35) kein Recht zur Benützung oder Verfügung, insbesondere Vermietung, des Wohnungseigentumsobjekts W 34 einer näher bezeichneten Liegenschaft oder von Teilen davon zukomme, insbesondere nicht an einem abgetrennten, von ihm als Top 35 bezeichneten Teil dieses Wohnungseigentumsobjekts.
Naturgemäß können auch noch nicht existente Sachen verkauft werden (vgl RS0023320). Kaufgegenstand war hier nach der Intention der Vertragsparteien kein Anteil eines – gemäß § 12 Abs 1 WEG grundsätzlich unteilbaren – Mindestanteils, sondern ein wohnungseigentumstaugliches Objekt, das vom Kaufvertrag über Top W 34 (neu) gerade nicht umfasst war, und an dem bloß noch kein selbständiges Wohnungseigentum begründet worden war. (Die vom Kläger vertretene Ansicht zur „Untauglichkeit“ der Vertragskonstruktion würde im Übrigen dazu führen, dass auch er nie derivativ oder originär Eigentum erworben hätte.)
Dem Beklagten sollte – neben seinem Forderungsrecht – sofort ein unbedingtes, umfassendes und ausschließliches Nutzungs- und Verwertungsrecht an der zwar noch nicht rechtlich, aber bereits faktisch existenten Wohnung W 35 zukommen. Ungeachtet der (in beiden Kaufverträgen geregelten) wechselseitigen Pflichten in Bezug auf die geplante Wohnungseigentumsbegründung, wurde die Wohnung W 35 an den Beklagten sogleich übergeben, womit laut Kaufvertrag sämtlicher Nutzen und Vorteil sowie alle Lasten und Gefahren übergehen sollten.
Die Auslegung des Berufungsgerichts, dass der Vertragszweck hier nicht für eine Rückabwicklung, sondern für eine Umdeutung in ein (zumindest obligatorisches) Wohnungsfruchtgenussrecht spreche, ist aber gerade in diesem besonders gelagerten Fall, in dem bereits im Kaufvertrag ein von der Neuparifizierung unabhängiges Nutzungsrecht eingeräumt wurde, und die Einverleibung des Eigentums in der Folge nur an der unerwartet nicht erteilten Zustimmung Dritter scheiterte, jedenfalls vertretbar. Dies gilt gleichermaßen unter dem Gesichtspunkt ergänzender Vertragsauslegung wie in 1 Ob 14/97h (dingliches Wohnrecht statt Stockwerkseigentum) oder als Konversion wie in 3 Ob 109/22h (Superädifikat statt Baurecht).
5 Ob 164/24i – Kein Wohnungseigentum/ keine Benützungsregelung an notwendigen allgemeinen Teilen einer Liegenschaft
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RS0097520; 5 Ob 225/18h) ist die Begründung von Wohnungseigentum an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, also Teilen, die der allgemeinen Benützung dienen und deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Nutzung entgegensteht, unwirksam. Darauf beruhende Grundbuchseintragungen sind absolut nichtig (5 Ob 226/07g [Hausbesorgerwohnung]; RS0082927). In diesem Fall wurde von der Nichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung ausgegangen, weil sich der allgemeine Wasseranschluss, der auch für den Beklagten und die anderen Wohnungseigentümer erreichbar sein muss, in dem als Zubehör dem Objekt der Kläger zugeordneten Kellerabteil befindet. Die Streitteile sind daher entgegen dem aufrechten Grundbuchstand rechtlich nicht Wohnungseigentümer, sondern nur schlichte Miteigentümer, weil sie über keinen dem Gesetz entsprechenden Mindestanteil verfügen (vgl RS0114510).
Nach bereits bestehender Rechtsprechung (5 Ob 279/00s; 7 Ob 4/16p; 5 Ob 137/17h) kann dann, wenn eine Korrektur einer fehlerhaften Nutzwertfestsetzung aktuell aussichtslos ist, weil kein Einvernehmen der Wohnungseigentümer erzielt werden kann, schlichtes Miteigentum sämtlicher Teilhaber mit einer schuldrechtlichen Benützungsregelung an den einzelnen ihnen zugewiesenen Objekten bestehen. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer derartigen Benützungsvereinbarung ist aber jedenfalls, dass die (Teile der) gemeinsame(n) Sache – auch des betroffenen allgemeinen Teils einer Wohnungseigentumsliegenschaft – überhaupt benützbar und auch rechtlich verfügbar sind (vgl zu schlichtem Miteigentum 3 Ob 51/03a; 10 Ob 25/06h; H. Böhm/Palma in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 828 Rz 46; Sprohar-Heimlich in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar IV5 § 835 ABGB Rz 18). Allgemeine Teile einer Liegenschaft kann eine Benützungsvereinbarung daher nur dann erfassen, wenn sie verfügbar sind; notwendig der allgemeinen Benützung dienende Teile der Liegenschaft sind aber nicht verfügbar (5 Ob 264/08x). Zwingend allgemeine Teile der Liegenschaft können daher nicht Gegenstand einer rechtswirksamen obligatorischen Benützungsvereinbarung sein, was gerade für den Fall einer nichtigen Wohnungseigentumsbegründung bedeutsam ist, zumal die mit Nichtigkeit belastete Einheit in der Regel allen Miteigentümern zur Verfügung zu stehen hat (Prader WEG6.08 § 17 Anm 2).
Grundsätzlich sind notwendig allgemeine Teile an Liegenschaften solche, die kraft ihrer Beschaffenheit von vornherein nicht als Wohnung oder Zubehör benutzbar sind, weil ihnen die Eignung fehlt, selbständig und ausschließlich benützt zu werden (RS0117164). In der Judikatur sind als notwendig allgemeine Fläche insbesondere Zugänge oder Durchgänge zu allgemeinen Teilen der Liegenschaft (5 Ob 264/08x) oder auch Flächen anerkannt, die nur zu einer bestimmten Wohnung oder zu einem bestimmten Geschäftslokal führen und vom Eigentümer dieses Objekts allein benutzt werden müssen (RS0013189). Das Erfordernis der allgemeinen Benützung ist auch dann gegeben, wenn nur ein Teil der Miteigentümer auf die Benützung angewiesen ist (RS0117164). Demgemäß gelten als notwendig allgemeine Teile insbesondere Hofflächen, die erforderlich sind, um zu Wohnungseigentumsobjekten zu gelangen (5 Ob 151/20x), Heizungs- und Aufzugsanlagen, Stiegenaufgänge sowie Gänge und Durchgänge, die dem Zu- oder Durchgang von mehr als einem Wohnungseigentümer dienen (vgl Ofner in GeKo, Wohnrecht II2 § 2 Rz 33 mwN aus der Rechtsprechung). Ausschlaggebend für die Beurteilung der Fläche als notwendig allgemeiner Teil ist die Zweckbestimmung innerhalb der Gesamtliegenschaft (5 Ob 109/10f; 5 Ob 182/08p – [Vorrichtung zum Erreichen eines Stapelparkplatzes]).
Nach der Rechtsprechung können Zugangsalternativen ein „Angewiesensein“ auf allgemeine Teile der Liegenschaft beseitigen (5 Ob 5/95; 5 Ob 264/08x; 5 Ob 201/09h). Die Einbeziehung von außerhalb der Liegenschaft gelegenen Zugangsmöglichkeiten über öffentliche Verkehrsflächen kann den wohnungseigentumsrechtlichen Charakter eines allgemeinen Teils aber nicht beeinflussen (5 Ob 201/09h). Auch wenn Gegenstand dieser Entscheidung die Zulässigkeit einer Benützungsvereinbarung über eine Verbindungsfläche zwischen zwei Gebäuden war, sind diese Prinzipien auch hier heranzuziehen, weil auch im vorliegenden Fall auf die rechtliche Verfügbarkeit der in Rede stehenden Fläche als Voraussetzung für eine Benützungsvereinbarung davon abzustellen ist.
Da die Fläche „Top 4 Zufahrt/Zugang“ somit nicht als für eine Benützungsvereinbarung verfügbar anzusehen ist, kann in der Zuweisung dieser Fläche an die Kläger im Wohnungseigentumsabänderungsvertrag entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine rechtlich zulässige obligatorische Benützungsvereinbarung eines ausschließlichen Nutzungsrechts der Kläger daran gesehen werden. Ein ihnen rechtswirksam eingeräumter Rechtstitel, aufgrund dessen sie den Beklagten als (schlichten) Miteigentümer von der Mitnutzung dieser Fläche ausschließen dürften, war daher nicht zu erkennen.
Außerstreitiges Recht
5 Ob 114/24m – Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer oder Genehmigung des Gerichts nach den Kriterien des § 16 Abs 2 WEG betreffend Änderungen an allgemeinen Teilen einer Liegenschaft
Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Der Erstantragsteller ist Miteigentümer, verbunden mit Wohnungseigentum an Wohnung Top 1 und Keller Top 7. In dem Bezug habenden Kaufvertrag, aber auch in den Kaufverträgen sämtlicher Antragsgegner wird auf eine Benützungsregelung verwiesen, die die ausschließliche Benützung von Gartenflächen und Parkplätzen für die beiden Eigentümer der Erdgeschosswohnungen (eine davon nun im Eigentum des Antragstellers) beinhaltet. Sie sind demnach berechtigt, die jeweils zugewiesenen Grundflächen ausschließlich und alleine zu benützen und dort allenfalls Baulichkeiten, insbesondere Gartenmauern, Garagen und dergleichen zu errichten. Es war unstrittig, dass die vom Antragsteller auf der ihm zur alleinigen Benützung zugewiesenen Fläche errichtete Doppelgarage samt Terrasse (auf deren Dach) aufgrund dieser Vorwegzustimmung nur vom Antragsteller genutzt wird und – obwohl nach wie vor allgemeiner Teil – auch nur von ihm genutzt werden kann.
Der Antragsteller begehrt die Zustimmung der Erst- bis Viertantragsgegner zum Bauvorhaben „Zubau Wintergartenkonstruktion sowie Errichtung einer Photovoltaikanlage“ auf dem näher bezeichneten Grundstück gemäß einem näher bezeichneten Baubescheid und Architektenplan zu ersetzen.
Gemäß § 16 Abs 2 Z 1 WEG kann eine Zustimmung zu einer Änderung unter bestimmten Voraussetzungen nicht verweigert werden und eine nicht erteilte Zustimmung gerichtlich ersetzt werden: Danach darf jegliche Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses und keine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben. Wenn für eine Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden, verlangt § 16 Abs 2 Z 2 WEG zusätzlich, dass die Änderung entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dient. Für bestimmte Maßnahmen, wie etwa die Errichtung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Fernsprechleitungen, der Heizungsanlagen und ähnlichen Einrichtungen darf die Zustimmung aus diesem Grund jedenfalls nicht verweigert werden.
Schon der Gesetzeswortlaut des § 16 Abs 2 Z 2 WEG erfasst Änderungen, bei denen (auch) allgemeine Teile der Liegenschaft „in Anspruch genommen“ werden. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Änderungsbegriff des § 16 Abs 2 WEG weit auszulegen, sodass auch Änderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft erfasst sind, und sogar Fälle, in denen ausschließlich allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen sind (RS0083108 [T1]; 5 Ob 213/04s). Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Antragsteller am betreffenden Teil der Liegenschaft bereits ein Benützungsrecht zukommt. Voraussetzung dafür, eine Änderung an allgemeinen Teilen § 16 Abs 2 WEG zu unterstellen, ist lediglich, dass die Änderung für eine vorteilhaftere Nutzung des Wohnungseigentumsobjekts dienlich ist (RS0083108 [T1]; 5 Ob 28/05m).
Anders wäre es dann, wenn der Antragsteller die Zuweisung eines Teils einer Allgemeinfläche an ihn als Wohnungseigentümer und damit eine Änderung der wohnungseigentumsrechtlichen Kategorien begehrt hätte; dies würde der Einstimmigkeit bedürfen und wäre einer gerichtlichen Entscheidung nicht zugänglich. Diesfalls wäre das Begehren nicht vom Änderungsrecht nach § 16 Abs 2 WEG umfasst (5 Ob 38/01a; RS0117159).
Hier begehrte der Antragsteller jedoch nicht die Zuweisung eines Teils der Allgemeinfläche an ihn zwecks Eingliederung in sein Wohnungseigentumsobjekt. Gegenstand seines Sachantrags ist nur, die Zustimmung der Antragsgegner zu einem konkreten Bauvorhaben im Bereich der Doppelgarage zu ersetzen, die auf der ihm zur Alleinbenützung zugewiesenen Fläche von ihm errichtet worden war. Grundsätzlich kommt aufgrund dieser Benutzungsvereinbarung dem Antragsteller die ausschließliche rechtliche Verfügungsgewalt über diesen Teil zu (5 Ob 73/14t; 5 Ob 40/12m). Seinem alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrecht steht § 828 ABGB, wonach kein Teil einer gemeinsamen Sache bei Uneinigkeit der Miteigentümer Veränderungen vornehmen darf, auch im Bereich des Wohnungseigentums aber dann entgegen, wenn eine Widmungsänderung oder ein Eingriff in die Substanz in die Rechtssphäre der übrigen Teilhaber vorliegt und deren wichtige Interessen berührt werden (RS0013205; RS0013604). Dies ist hier aufgrund der geplanten Baumaßnahmen, die jedenfalls auch allgemeine Teile betreffen, der Fall. Es handelt sich bei den begehrten Baumaßnahmen um bleibende Substanzveränderungen, die – da allgemeine Teile betroffen sind – entweder der Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer oder eben der Genehmigung des Gerichts nach den Kriterien des § 16 Abs 2 WEG bedürfen.
5 Ob 158/24g – Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zur Errichtung eines Poolhauses
Die Streitteile sind Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden jeweils mit Wohnungseigentum an Wohnungen und Kfz-Abstellplätzen. Der Antragsteller ist Wohnungseigentümer der Wohnung Top 1 samt Gartenanteil, in dem er ein Pool Haus errichtet hat. Der Antragsteller begehrte die Zustimmung der Antragsgegner zur Errichtung dieses Poolhauses im Bereich der Gartenfläche des Antragstellers zu ersetzen ebenso ab wie den Eventualantrag, die Zustimmung zur Errichtung laut einem näher bezeichneten Architektenplan zu ersetzen.
Im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren sind zwar an die Bestimmtheit des Begehrens keine allzu strengen Anforderungen zu stellen (RS0070562). Allerdings hat der Antragsteller – um die vom Gericht zu treffende Entscheidung zu ermöglichen, ob die übrigen Miteigentümer einer Liegenschaft eine bestimmte Änderung im Sinn des § 16 Abs 2 WEG zu dulden und bejahendenfalls die zur Erwirkung einer allenfalls erforderlichen Baubewilligung notwendige Zustimmung zu erteilen haben – die Änderungen sowie die Art und Weise ihrer Durchführung in seinem Antrag so genau zu beschreiben, dass das Vorliegen der privatrechtlichen Voraussetzungen dieser Duldungs- und Zustimmungspflicht der übrigen Miteigentümer verlässlich beurteilt werden kann. Dem Antragsteller ist im Verfahren Gelegenheit zur entsprechenden Modifikation oder Vervollständigung zu geben (RS0083165). Eine Präzisierung kann etwa durch Vorlage eines konkreten Bauansuchens erfolgen (RS0083165 [T2]).
Demnach war die Ausführung des Sachverständigen, dass ein kubisches Erscheinungsbild beim Pool Haus mittels einer formalen Fuge zwischen dem Baukörper und der Dachfläche erreicht werden könnte, für ein ausreichend konkretes Antragsbegehren nicht ausreichend, weil sich daraus – selbst unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen vorgezeigten, aber nicht zum Akt gegebenen Prinzip-Skizzen – nicht ausreichend ableiten lässt, von welcher konkreten Fuge in welcher konkreten Ausgestaltung dabei die Rede ist. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass das Pool Haus vom Antragsteller bereits errichtet wurde, sodass der Sachantrag Umbauarbeiten daran betrifft und seine Modifikation durchaus im Sinn einer – nach der zitierten Rechtsprechung unzulässigen – vom Antragsteller vorgegebenen Bedingung verstanden werden kann.
Auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren muss das Gericht, bevor es ein unbestimmtes, unschlüssiges oder widersprüchliches Begehren abweist, dessen Verbesserung anregen (vgl RS0037166) und darf eine Partei in seiner Entscheidung nicht mit seiner Rechtsansicht überraschen (RS0037300 [T53]). Die Unterlassung dieser Erörterung kann einen Verfahrensmangel begründen. Diesfalls hätte der Rechtsmittelwerber aber darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte; er hat die Relevanz dieses Erörterungsmangels darzulegen (vgl RS0037300 [T48]). Dies ist hier unterblieben: bloß abstrakte Erwägungen reichen nicht aus (RS0120213 [T23]).
Dr. Iris Mutz
Wien/Klagenfurt, Jänner 2025
WMWP Rechtsanwälte GmbH